Ab in den Frühling mit „LebensGut e.V.“


Berichte von Einheimischen.

Der Veranstalter war verblüfft: Schon kurz vor Beginn war das Areal um das alte Gutshaus ordentlich gefüllt. Bereits lange vor dem offiziellen Startschuss des 1. Frühlingsfestes des neuen Vereins „LebensGut“ zeigte sich der Parkplatz randvoll. Lange vorher auch beäugten die Gäste den neu geschaffenen Schaugarten oder die entlang der Lindenallee aufgereihten Landmaschinen von annodunnemals. Auf den alten Traktoren, welche ebenso alten Pflüge hinter sich herzogen, hatte manch einer der Gäste seinerzeit gesessen. Zum einen, um den Acker zu bestellen, zum anderen, um etwa bei der Trockenlegung des Frankenthaler Moores selbst Hand anzulegen. Ein ehemaliger Traktorist der LPG Samtenes streicht fast zärtlich über einen betagten „Famulus“: „Hei hätt mi töchtich durchschöttelt“, sagt er lächelnd.

Als es gegen 14 Uhr dann richtig losging, mussten sich die Besucher vorsehen, um einander nicht auf die Füße zu treten.

Das Interesse war vor allem den vielen Ständen mit ihren Angeboten Rügener bzw. regionaler Produkte geschuldet,
dem Rahmenprogramm aus der Musik von „KoggenFolk“, dem Basteln, Schminken, Skateboard fahren und anderem Kinderspaß. Die Spielzeuge dazu hatte das „Spielmobil“ aus Stralsund bereitgestellt. „Jetzt kommt der Klapperstorch schon auf dem Pferd“, scherzte jemand, als Elke Harder und Katja Bräunlich hoch zu Roß um die Ecke bogen. Es war aber kein Auftrag Adebars, der die beiden freien Hebammen herführte, sondern der Programmteil „Kinderreiten“. Für den hatte die Rugenhoferin Elke Harder ihre Vierbeiner den weiten Weg nach Frankenthal traben lassen.

Unmöglich, an dieser Stelle alle Stände des Frühlingsfestes aufzuzählen. Gut beraten war, wer einfach so drauf los spazierte und seinen Blick schweifen ließ. Dem entgingen nicht die Angebote der Töpferei Dolacinski oder des Buchladens Gingst. Wer immer der Nase nach ging, kam unweigerlich zum Stand des „Rügener Bauernladens“ mit seinen verführerischen Bratwürsten. Zwischendrin lockten die ofenwarmen Aromen einer Waffelbäckerei, die Wurstspezialitäten von der Insel Öhe, der Käsereien Elmenhorst, Zandershagen und Sievertshagem Nicht zu reden von den Angeboten des „Gut Rosengarten“, des „Hofladen Bobbin“ oder der „Rügener Spezialitätenmanufaktur“. Die Kirchgemeinde Garz setzte sich an ihrem Stand für den fairen weltweiten Handel ein und servierte zum Kaffee aus Südamerika leckersten Kuchen – was eindeutig unfair war, jedenfalls für Diätwillige, die an diesem Samstag in Frankenthal also starke Nerven haben mussten. Keine Gefahr drohte da am Wagen vom „Obstparadies Altkamp“, von dem ein irrer Duft von frischen Äpfeln aufstieg, der war wenigstens kalorienarm.

Besonders gefallen hat den Inselexperten der Stand von Antje Marsch, die aus nie genutzten, aber von den Shops nicht mehr gebrauchten Waren neue Modelle fertigt. Aus unmodernen Hosen werden so originelle Taschen, aus alten Gläsern interessante Teelichter. Postkarten beklebt sie mit Filz oder Mustern aus Stroh und Bindfäden. „Stroh wird Gold“ nennt sie folgerichtig ihren Shop, der demnächst unter diesem Namen im Internet zu finden ist. Ebenso bewundernswert: die Angebote von „Nordwolle“. Die Jungs zeigten an ihrem Stand Pullover bzw. – jacken, sämtlich gefertigt aus dem lockigen Rohstoff der Rauwolligen Pommerschen Landschafe von Rügener Weiden. „WillowArt“ nutzt dagegen ein anderen Rohstoff – Weiden werden zu geschickten, teilweise filigranen Korbflechtereien verarbeitet. Vier Beispiele von Rügener Kleinoden, unbekannt bislang, aber auch dank des Vereins „LebensGut“ sicher bald weithin leuchtend.

Denn dies ist ein weiteres Ziel von „LebensGut“:

Die Unterstützung und Popularisierung von regionalen Initiativen, Gruppen, Unternehmern. „Wir sind ein Ideen- und Initiativenzusammenbringerverein“, sagt Elke Neugebauer schmunzelnd. Netzwerk heißt das wohl auf neudeutsch, Marketing für den guten Zweck. Die Vereinsvorsitzende gab mit selbst gebackenen Broten, selbst gekochten Marmeladen und leckeren Aufstrichen buchstäblich einen Vorgeschmack auf das Vereinsleben. Neugebauers Cateringservice beliefert Kindergärten, Schulen mit ökologisch gesundem Essen, die Zutaten kommen im Wesentlichen von Anbietern aus der Region, die auch durch den Verein zueinander finden sollen. Ein paar von ihnen, wie der Ökohof Thom, der „Natur im Garten e.V.“, die Imkerei Kornrade oder der „LandWert Hof“ in Stahlbrode, präsentierten sich auf dem Frühlingsfest.

LebensGut“ selbst möchte die alte, verwahrloste Anlage wieder aufbauen, eine Streuobstwiese und der Gutspark werden neu erblühen, ein Laden mit regionalen Waren wird eröffnen, es wird Kino, Lesungen, Konzerte geben.
Natürlich gibt es auch bald wieder einen offenen Mittagstisch, der in Götemitz, dem Ort der vorhergehenden Frühlingsfeste, ja schon Tradition war. Eine Herberge soll Wanderer willkommen heißen, eine Mosterei ihren Durst löschen und ein Café mit eigenen leckeren Kreationen es ihnen schwer machen, weiterzuziehen. „Irgendwann“, so Elke Neugebauer, „wollen wir auch eigenes Geld einführen. Dies soll dann etwa Tauschaktionen dienen. Oder man bezahlt den Käse aus der vereinseigenen Molkerei damit.“ FrankenThaler soll die neue Währung heißen, die dann – wie jede starke Währung – über spezielle „Goldreserven“ verfügen wird: „Es sind dann die Tatkraft, das Engagement, der Ideenreichtum unserer Mitglieder“, so Elke Neugebauer. Sie hat keine Angst, dass diese Reserven eines Tages erschöpft sind.

Vier Stunden dauerte das 1. Frühlingsfestes in Frankenthal, zu dem am Ende sogar der Himmel seinen Kommentar in Form eines strahlenden Regenbogens schickte. Insgesamt ein toller Start des neu gegründeten Vereins „LebensGut“, der bemerkenswerte Rügener Initiativen, Gruppen, Firmen und Einzelpersonen vernetzen will. Auf dem alten Gut in Frankenthal, dessen einstiger Kuhstall derzeit als Vereinshaus neu entsteht, zeigte sich an diesem Sonntag, wie so etwas konkret aussehen kann.

 

 

 Fotos: Maik Brandenburg und Georg Jeske


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