Gerhard Parchow | Ortschronist, Jahrgang 1947
Tief verwurzelt
Die Wurzeln von Gerhard Parchow aus Sellin reichen weit zurück in die Geschichte der Insel Rügen, bis hinein in die Jahre 1372 und 1376, als die Parchows auf der Halbinsel Wittow erstmals in Dokumenten auftauchten. Ob auch ein Ort gleichen Namens unweit der Wittower Fähre eine Verbindung zu seinen Ahnen hat? Wer weiß. Gerhard Parchow interessiert sich für Geschichte – und kann Geschichten erzählen.
Die Seebrücke von Sellin ist für Gerhard Parchow ein besonders geschichtsträchtiger Ort. Noch bevor sie im Jahre 1906 unterhalb der Steilküste gebaut und mit „großem Bahnhof“ geweiht wurde, bootete sein Großvater, der Fischer Jacob Parchow, mit seinem Segelschiff Passagiere von den Stettiner Dampfern aus, jene Sommerfrischler, mit denen das Badeleben in Sellin begann.
Sein Onkel, der Fischer Karl Bethmann, verlor 1926 infolge eines Unfalls an der Seebrücke sein Leben. Gerhard ist mit der Seebrücke aufgewachsen. Wer als richtiger Mann gelten wollte, musste als Selliner Junge den sogenannten „Mutsprung“ von der Seebrückenplattform in den Sand wagen. Vom Brückengeländer waren das gut fünf Meter.
Später lockten ihn Tanzabende und die „ausländischen“ (!) Urlauberinnen aus Sachsen und Thüringen auf die Seebrücke. „In meinem Nyltesthemd von den Verwandten aus Hamburg leuchtete ich im schwarzen Licht der Bühnenscheinwerfer wie ein weißer Schwan“, erinnert er sich und muss lachen.
Wenn er aber an die Zeit nach dem Mauerbau zurückdenkt, werden seine Gesichtszüge ernster. Auch die Insel Rügen war nun Grenzgebiet.
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Gerhard Parchow hat nach seiner Berufsausbildung mit Abitur als Landmaschinenschlosser gearbeitet. Später ging er zum Ingenieursstudium und für 15 Jahre ans Forschungsinstitut für Tierproduktion nach Dummerstorf (Rostock).
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Seit 1999 ist Gerhard Parchow Mitarbeiter der Kurverwaltung im Ostseebad Sellin. Seine Ortsführungen sind beliebt. Denn er kann Geschichten erzählen – von der Aktion Rose oder dem legendären Strandfotografen Hans Knospe, vom Wiederaufbau der Seebrücke und den denkmalgeschützten Häusern in der Wilhelmstraße.
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Insel Rügen. #25JAHRE
Nach dem Mauerfall in die Reisefreiheit. Deutschland feiert im Jahr 2015 „Silberhochzeit“: 25 Jahre Deutsche Einheit. Die Insel Rügen erinnert mit der Kampagne „#25JAHRE“ an jene Zeit vor und nach dem Mauerfall. Wie haben die Menschen auf Rügen, Ummanz und Hiddensee die gesellschaftliche Wende erlebt? Wie war ihr Leben in der DDR – an der unsichtbaren Mauer, die Ostsee hieß? Und wie ging es im neuen, vereinten Deutschland für sie weiter? Rügen hat sie: Menschen mit ihren spannenden Geschichten, authentisch, ehrlich, emotional, überraschend. Jede Woche des neuen Jahres steht für 52 dieser Gesichter, die immer freitags in Kurzfilmen auf Youtube (youtube.com/wirsindinsel), Vimeo und im Blog www.wirsindinsel.de gezeigt werden: Plattdänzer und Plattschnacker, „Ureinwohner“ und Neurüganer, Sänger, Künstler, Mitgestalter, eine Meisterin, der Wetterfrosch, der Nachbar und die Nachbarin. Spannende Geschichten, die zeigen, wie tief so manche Wurzel in die Rügener Geschichte hinein reicht, was Glück und was Heimat bedeuten und wie sich Zeiten und Menschen ändern, ob Wünsche und Träume wahr wurden oder Hoffnungen sich vielleicht doch nicht erfüllt haben. #25JAHRE ist ein Projekt voller Emotionen, ein Stück bewahrter Zeitgeschichte, ein Teil von Rügen.
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